Hallo ihr Lieben,
Ich habe mich gefragt (vielleicht auch ihr?) warum ich schon lange nichts mehr veröffentlicht habe. Es ist schmerzhaft und anstrengend ehrlich zu mir zu sein und noch viel schwieriger ist es, die passenden Worte zu finden, ohne mich vor mich selbst rechtzufertigen. Es fällt mir nicht leicht diesen Beitrag zu schreiben, auszuformulieren, passendere Wörter zu suchen um das auszudrücken, was ich euch sagen und mitgeben möchte.
Habt ihr schon was von den Phasen der Krankheitsbewältigung gehört? Einer meiner ersten Ideen war es, über einer der Phasen zu schreiben – die Akzeptanz der Krankheit. Beim Recherchieren, alte Tagebücher lesen und Schreiben, ist mir aufgefallen, dass ich nie sorgfältig und konsequent eine Phase nach der anderen durchgegangen bin, dass ich jede Phase immer und immer wieder durchlebe (wenn auch nicht so schmerzhaft wie am Anfang) und dass die Krankheitsbewältigung möglicherweise bei einer chronischen Erkrankung nie zu Ende ist. Gesträubt, traurig, verzweifelt und motiviert bin ich zugleich bei diesem Beitrag. Denn Hand aufs Herz – wie soll ich über das Thema Akzeptanz schreiben, wenn ich beinahe meine ganze Kraft opfere, um zu vergessen, dass ich krank bin und was ich tun sollte um Verbesserungen zu erlangen. „Das passt nicht, ich muss endlich aufwachen!“ – dachte ich mir.
Denn es ist mein absoluter Herzenswunsch auch gegenüber euch ehrlich zu sein. Ich schreibe was ich denke und wirklich erfahren habe, was mir gut tut und was nicht. Und nicht über irgendwas Erfundenes, das ich nicht für richtig halte.
Wie wir am besten mit einer Krankheit umgehen? Ob es da ein Rezept gibt? Keine Ahnung. Wirklich, ich kann es euch nicht sagen. Vom Arzt oder sonst jemanden bekommen wir das auf jeden Fall nicht. Der Wunsch und das individuelle Rezept muss von jedem selbst rausgefunden und angenommen werden.
Manchmal fühle ich mich traurig, wütend und verzweifelt und manchmal bin ich super dankbar, dass ich das Geschenk erhalten habe, krank sein zu dürfen. Ich würde es als völlig normal einstufen – nicht zu wissen, wie wir damit richtig umgehen müssen. Das ständige Wechsel der Gefühle und der Einstellung.
Ich glaube daran, dass wir alle ein super schönes Leben haben können – auch mit bad days -, auch wenn wir krank sind und kein 5-Schritte Plan der Krankheitsbewältigung oder irgendein anderes Programm direkt im Anschluss durchgehen zu müssen. Damit sage ich nicht, dass es Zeitverschwendung ist, sich mit seiner Erkrankung auseinanderzusetzen. Ganz im Gegenteil. Die Schritte und Wege der Krankheitsbewältigung werde ich euch in den nächsten Beiträgen – mit meinen Erfahrungen – natürlich auch aufzeigen. Nur mit diesem Beitrag möchte ich euch Mut und Selbstvertrauen schenken, damit ihr für euch den individuellen richtigen Weg entscheidet und ihn gehen möchtet.
Dieser Artikel ist aus meinem Herz geschrieben, möglicherweise manchmal wirr oder durcheinander. Doch in Form eines Tagebucheintrages könnt ihr auch von mir erfahren, wie ich denke und dass es sich lohnt Freundschaft mit seinem eigenen Schicksal zu schließen. So gerne möchte ich euch das mitgeben und aufzeigen. Für jeden gibt es seinen richtig Weg – ihr bekommt von mir keine Anleitung, an dir euch streng halten müsst. Und wisst ihr was? Ich glaube ganz fest daran, dass wir das schaffen – wir gemeinsam!
Wenn ich euch eins weitergeben darf: eine Krankheitsbewältigung braucht Zeit. Es braucht Zeit bis wir den Schock verdaut haben, überhaupt realisiert haben, was wir da gerade überhaupt für eine Diagnose erhalten haben. Ich habe meist sowieso nicht kapiert was genau der Arzt mir da erzählt. Klar habe ich nachgefragt, nur bei so einem Schock – dass ich erkrankt bin und das nicht vor hat wegzugehen… Da gingen die Infos in einem Ohr rein, hat da in mir etwas entfacht – so eine starke Form von Verzweiflung, Traurigkeit, Wut und dieses Verständnislose – und die Informationen gingen aus dem anderen Ohr wieder raus. Wisst ihr was geblieben ist? Natürlich die Emotionen. Die blieben einfach. Ich kann es bis heute nachfühlen – so stark habe ich danach geweint, so verwirrt war ich. Mein ganzes Leben habe ich an mir vorbeiziehen sehen. Ich habe gesehen, wie ich mich für immer wie ein Opfer fühlen, im Rollstuhl sitzen und beinahe durchgehend traurig sein werde. Gesehen habe ich, wie ich täglich immer mehr meiner Lebensfreude verliere. Mein Leben ist vorbei, dache ich.
Denkt ihr, ich hatte die Kraft mich direkt nach dem Arztbesuch (auch Wochen später) im Internet schlau zu machen? Ich sage euch ehrlich, es fällt mir bis heute schwer meine „Freunde“ zu erklären bzw. richtig zu recherchieren. Natürlich weiß ich was ich habe, nur wirklich beschreiben was genau da im Körper los ist… das lerne ich, wenn ich für euch neue Blogartikel schreibe. Da muss ich mich damit auseinandersetzen – es ist wie eine Eigentherapie. Super anstrengend und kostet viel Kraft, weil so so viele Emotionen hochkommen und doch bin ich danach stolz auf mich und es macht mich glücklich, dass ich diesen Schritt (den ich laut meinen früheren Erwartungen an mich selbst, schon längst abgeschlossen haben müsste) geschafft habe und euch hoffentlich etwas positives mitgeben durfte. Das Schreiben macht mir Spaß und ich finde es auch wahnsinnig interessant und hilfreich, wenn ich von euch zu lesen bekomme.
Lange habe ich geglaubt mit meinen Erkrankungen wirklich befreundet zu sein. Natürlich standen wir uns am Anfang nicht nahe. Es war erst richtiger Hass. Von Zeit zu Zeit jedoch entwickelte sich Vertrauen, Zuversicht, Motivation und etwas Liebe. Nach so vielen Jahren habe ich geglaubt, dass wir uns auch gegenseitig respektieren und akzeptieren. Uns etwas mehr wertschätzen und von Herzen lieben.
Ich habe Kurse besucht, Bücher über chronische Krankheiten gelesen und wie ich sie lieben lerne. Und was hat das alles mit dem nicht schreiben zu tun, fragt ihr euch möglicherweise – oder tue ich es?
Mich selbst zu überzeugen war mein Ziel damals- das ich auch stets befolgt habe. Mich davon zu überzeugen, dass ich es wirklich akzeptiert habe, unheilbar krank zu sein. Nur durch diese Überzeugung und das aber nicht Auseinandersetzen, da hat sich ein gewaltiger Konflikt in mir entwickelt. Ich hatte mich innerlich entschieden einfach die Augen zu schließen und so zu tun, als wäre ich super mega doll gesund. Nur sinnvoll ist das gerade nicht so, dachte ich vor einiger Zeit, außerdem wollte ich doch mit dem Blog starten. Doch wie soll das gehen ohne sich mit den Themen zu befassen?
Diesen Beitrag wollte ich schon vor Monaten schreiben, nur hatte ich es nie gefühlt. Ich dachte ich werde den richtigen Moment fühlen, damit anzufangen mich mit meiner Erkrankungen auseinander zusetzen. Keine Ahnung warum wir Menschen bei allem auf den richtigen Moment warten müssen. Dieser kommt nie. Egal bei was.
In den letzten Tagen ist mir klar geworden, dass dieser Moment nicht bei mir kommt. Schwachsinnig jetzt noch weitere 10 Jahre zu warten, bis ich euch und mir meine Gedanken und Erfahrungen aufschreibe und teile. Und vor allem darauf zu warten bis ich sage,“ hey ja, jetzt ist es an der Zeit zu realisieren was bei mir im Köper abgeht.“ Hallo? Wann und warum sollte dieser Moment einfach so kommen?
Ich mache mir sooft klar, wenn ich mal wieder am zweifeln bin, dass dieses – ja genau dieses Leben – mein Leben ist. Ganz gleich mit welchen Schicksalsschlägen und Krankheiten. Es ist mein Leben und ich entscheide wie ich mit diesen Sachen, die alle so passieren, umgehe.
Täglich gebe ich mein Bestes um dieses Leben zu leben und zu lieben, zu akzeptieren und mit den vorgegeben Pflastersteinen meinen Weg zu bauen. Nach langer Zeit entschied ich mich damals für den Frieden und für die Liebe. Mit mehr Achtsamkeit, wie wir damit umgehen, verschaffen wir uns mehr Möglichkeiten glücklich zu sein – Frieden mit sich selbst zu spüren.
Ob ich das alles immer genau so fühle und denke?
Nein. Manchmal möchte ich gar nicht mehr aus dem Bett – einfach nur traurig sein und stundenlang weinen. An manchen Tagen möchte ich gerne alles aus den Schränken auf den Boden schmeißen und laut schreien – um mich herum schlagen und den Mittelfinger zeigen. In anderen Momenten frage ich mich, warum das ganze hier? Warum ich? Wieso so viel Scheiße auf einmal? Wütend auf: die Welt; auf andere Menschen, die gesund sind; auf mein Leben; auf meinen Körper; auf mein Schicksal. Traurig, weil: das Gefühl – ich habe es nicht selbst in der Hand; dass ich nichts mehr tun kann; dass ich damit alleine bin; dass mich keiner liebt hat, weil ich Einschränkungen habe; warum es mich erwischt hat.
Oh manchmal, ich sags euch, da bin ich innerlich so wütend, so verzweifelt und traurig. Und ja an manchen Tagen habe ich mein Leben gehasst. Ich habe meinen Körper und diese Krankheiten so sehr gehasst.
Ja meine Lieben, ich weiß schon, dass das natürlich kein guter und gesunder Weg ist. Es ist mein Weg, ich bin ihn so gegangen. Und manchmal kommen diese Gefühle noch auf. Und es ist vollkommen okay. Ich lasse diese Gefühle immer noch zu, aber sie bestimmen nicht mehr mein Leben.
Denn es gibt überwiegend die Momente und Tage an denen ich glücklich, zufrieden und verständnisvoll zu mir bin. Manchmal empfinde ich Dankbarkeit krank zu sein – dadurch konnte ich wachsen und mich selbst besser kennenlernen. Ich lebe so wie ich leben möchte; ich bekomme im Alltag Hilfe; und an den meisten Tagen kann ich sagen, dass ich mein Leben liebe. Diese Erkrankungen gehören bis heute zu mir, nur habe ich mich dazu entschieden, nicht mehr zu denken, dass diese Krankheiten ICH bin. Es ist ein Prozess und wechselt ständig bei mir, nur heute akzeptiere ich es, was ich fühle und kämpfe nicht mehr dagegen an. Naja nicht immer… nur schon besser als vor ein paar Jahren.
Noch lange bin ich noch nicht wo ich hin möchte… Und das ist super.
Denn um auch mal ein Sprichwort rauszuhauen: „Der Weg ist das Ziel.“
Ich weiß, dass wir alle gemeinsam – mit ganz viel Liebe und Geduld – unseren eigenen, gesunden Weg finden und gehen werden. Glauben wir ab sofort an uns und die Freundschaft mit unseren Erkrankungen, denn Hand in Hand mit Ihnen sind wir noch stärker. Unbesiegbar! 🙂
eure Samira
Liebe Samira, deine Worte sind wie immer so sehr ehrlich. Und du bringst es auf den Punkt. Wir stehen im System alleine da. Und wenn wir keine Familie haben, die uns auffängt, sind wir auch im Leben allein. Ich danke dir sehr für deine Offenheit und Ehrlichkeit. Fühl dich ganz fest umarmt und gedrückt.
Liebe Samira, sehr berührende Worte.
Danke dass du so intime Gedanken mit uns Zuschauer teilst. Fühle auch du dich sehr herzlich gedrückt von mir!❤️